POOR THING
10. Juni – 02. September 2007
Kunsthalle Basel

Die Arbeiten in der Ausstellung Poor Thing bespielen das Untergeschoss der Kunsthalle Basel mit einer für Skulptur atypischen Beiläufigkeit, die sich dem Monumentalen oder Fertigen verwehrt. Zugleich interagieren die Werke subtil mit der Architektur der ehrwürdigen Hallen.
Seit der Moderne, spätestens seit Concept Art, Minimal und Arte Povera haben sich die Begriffe, aus was Skulptur zu bestehen hat, wie sie auszusehen und sich im Raum zu verhalten hat, deutlich verschoben. Die von der Kuratorin Simone Neuenschwander versammelten acht internationalen, vorwiegend jungen Künstler arbeiten in Poor Thing mit Alltagsmaterialien und beziehen sich selbstverständlich und spielerisch auf die Kunstrichtungen der achtziger-Jahre - natürlich nicht ohne einen Schuss Ironie. Im ersten Raum hat Karla Black einen Teppich aus Gipsstaub gelegt, dessen pulvrig weisse Oberfläche stellenweise durch typisch „weiblich“ konnotierte Utensilien aufgebrochen wird: Lidschatten, Nagellack, Vaseline, diverse Cremes und deren Verpackungen gehen mit der Oberfläche eigenwillig fragile Verbindungen ein, entziehen sich jedoch bewusst jeglichem Formwillen. Ähnlich die hängende Skulptur aus hauchdünnem Zellophan, in der Körperlichkeit lediglich durch eine fleischfarbene Bemalung suggeriert wird. Dagmar Heppner akzentuiert den Raum mit einem geschwungenen Paravent aus perforiertem Holz, dessen Frontseite in einem Farbverlauf von Weiss zu Blau bemalt ist - Blende und Öffnung zugleich. Weitere Objekte, Fotografien und Collagen beschäftigen sich mit Raum (und Kunstgeschichte) als selbstreferenziellem Mise en abyme. Auf Geschichte, Architektur und Logo der Kunsthalle bezieht sich Ian Kiaer mit installativer „Malerei “, aus Papier gebasteltem Mobiliar und einem Modell des von Johann Jakob Stehlin erbauten Gebäudes mit bewusst verschobenen Proportionen, während Kilian Rüthemann mit einer minimalistischen Bodeninstallation aus Dachteerbahnen und einer frei schwebenden Metallstange den Raum in Schwingung versetzt.
Die eingreifendste Intervention stammt von Knut Henrik Henriksen, der den von Oberlicht durchflutenden Eckraum mittels Dachlatten auf die für nordische Häuser gängige Raumhöhe abgehängt hat. Durch die standardisierten, jedoch unterschiedlich langen Planken entsteht in der Mitte ein dekorativer, gezackter Spalt, durch den das von oben einfallende Licht eine eigene Dramaturgie entfaltet. Martin Heldstab verarbeitet Europaletten zu Wandobjekten und farbige Glühbirnen auf Holzleisten zur abstrahierten Landschaft, und Karin Hueber verschachtelt den Grundriss der Kunsthalle in ein architektonisches Gefüge aus verkeilten Perspektiven, das dazu animiert, zurückzugehen und die Raumfolge neu zu entschlüsseln. Dazwischen bewegen sich die Floats (geometrische Objekte mit verstecktem Motor) von Altmeister Robert Breer mit einer dezenten Persistenz, die ebenfalls ein zweites Hinsehen erfordert.

Eva Scharrer, Kunstbulletin