Subtile Verwirrungen des Kunstbetriebs
– Dagmar Heppners Intervention Hörensagen im Projektraum New Jerseyy

18. – 30. August 2008

Vernissage, Ausstellung von - bis, Abbau, Aufbau, nächste Vernissage… der Ausstellungsbetrieb läuft meist nach immer demselben Schema ab. Diese gegebenen Strukturen zu durchbrechen bemüht sich der Projektraum New Jerseyy. Da gab es ein „Preview Dinner“ für ein Gespräch das ganz woanders stattfand, oder nun eine Ausstellung, die vor dem „Official Opening“ schon als kaum sichtbare Interventionen in der noch zur Hälfte installierten Vorgängerausstellung Eigentlich Extended begann. So hat Dagmar Heppner für Hörensagen ein Wallpainting für Gunnar Maier und dessen Himmelsfotografien geschaffen. Sie hat dafür eine Wand in einem warmen Eierschalenton lackiert, bis zu der Höhe die sie selbst mit der Farbrolle erreichen konnte. Darüber blieb die Wand weiss. Der eigene Körper, bzw. seine maximale Reichweite, wurden hier zum Massstab erhoben. Gleichzeitig lief eine Soundarbeit mit einem Auszug aus Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Rede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden, 1959 von Ingeborg Bachmann. In dem gesprochenen Text geht es unter anderem um Selbstbefragung, Ent-Täuschung, und um den Einfluss des Publikums auf den Künstler und umgekehrt.
Zur offiziellen Eröffnung, wurde die Soundarbeit wieder entfernt und die räumliche Installation um weitere Elemente erweitert. Sie alle befragen sehr subtil die künstlerischen Medien und Gattungen und ihren Stellenwert im Bezugssystem Kunst. Mehrere vor einem der Fenster gestaffelt frei aufgehängte handelsübliche Jalousien in drei verschiedenen Blautönen erinnern noch an das Himmelsblau von Gunnar Maiers Fotografien, und erzeugen irisierende malerische Effekte, gesteuert durch das Licht und die Bewegung des Betrachters im Raum. Gleichzeitig täuschen sie nicht über ihre Herkunft aus dem Einrichtungsgeschäft hinweg, führen ihre Funktion jedoch ad absurdum und transformieren den Raum durch ein Spiel mit Transparenz und Verschleierung. Ein Häufchen ungebrannter und mit der Hand zu einem Kegel geformter Ton auf einem Sockel wiederum erhebt sich selbst zur Skulptur, hat trotz oder gerade wegen seiner abstrakten „Unförmigkeit“ etwas Individuelles, Wesenhaftes. Ein gefundener zerbrochener Diarahmen, in Bodenhöhe an die Wand projiziert, lässt sich als zeichenhafter Kommentar lesen: der Bruch oder Sprung wird zur Struktur, der künstlerische Akt beschränkt sich auf das Finden, Kombinieren und Ausstellen. Mit minimalen Mitteln gelingt es Heppner, nicht nur einen Kommentar zum Kunstsystem abzugeben, sondern auch eine Verbindung zum Raum und seinem Aussenraum herzustellen.

Eva Scharrer, Basler Zeitung